Rezension von »Der Aufstand«

Blizzard Legends
(Hierzulande ist Der Aufstand im Sammelband Blizzard Legends enthalten.)

Vorwort

»Der Aufstand«, im englischen Original als »Uprising« betitelt und mit dem Erscheinungsjahr 2000 das älteste und erste Taschenbuch des StarCraft-Universums, befasst sich eingehend mit der Vorgeschichte des Zusammentreffens des charismatischen Rebellenführers Arcturus Mengsk und der telepathisch hochbegabten Ghost-Agentin Sarah Kerrigan. Beleuchtet wird unter anderem der erbitterte Kampf von Arcturus Mengsk gegen den korrupten Machtapparat der Konföderation, die Befreiung von Kerrigan aus den Klauen skrupelloser Wissenschaftler sowie der erste Kontakt der Terraner mit den außerirdischen Zerg.

Der Autor Micky Neilson wurde aufgrund der Tatsache von vielen Fans geadelt, weil er angeblich an der Storyline von StarCraft mitgearbeitet haben soll – was aber nicht ganz richtig ist, denn Micky Neilson war zwar tatsächlich am Produktionsprozess von StarCraft involviert, allerdings nicht als Storywriter, sondern als Sprecher für niemand Geringeren als den Zerg-Zerebraten Daggoth. Bevor er dann später sein erstes Buch »Uprising« schrieb, veröffentlichte er in dem Magazin Amazing Stories eine Kurzgeschichte mit dem Namen »StarCraft: Hybrid«.

Inhalt

Das originale Buchcover des Romans Der Aufstand (engl. Uprising).

Auf geheimen Posten in der relativen Sicherheit des umojanischen Protektorats wird die korhalische Rebellenarmee unter der Führung ihres Anführers Arcturus Mengsk urplötzlich Zeuge eines unfassbar brutalen Akts der Konföderation: dem Abschuss von rund eintausend Sprengköpfen der Apokalypse-Klasse auf ihren Heimatplanet Korhal IV, der kurz vor dem Beginn einer großangelegten Rebellionsoffensive steht. Geschockt durch den qualvollen Tod ihrer Familien und gleichzeitig wuterfüllt über die offensichtliche Bereitschaft der Regierung ihren Herrschaftsanspruch durch jedes Mittel zu sichern, schwören die Streitkräfte der Rebellen fürchterliche Rache und nennen sich fortan die Söhne von Korhal.

Mithilfe eines ramponierten von der Konföderation aufgegebenen Schlachtkreuzers, der an der umojanischen Grenzzone geborgen wurde und nach erfolgter Instandsetzung schließlich von Arcturus Mengsk als Hyperion getauft wird, schmiedet der Rebellenführer die nächste Operation gegen das verhasste Regime.

In einer streng geheimen und schwer zugänglichen Forschungseinrichtung am Fujita-Gipfel auf dem Planet Vyctor 5 scheint die Konföderation irgendeinem zwielichtigen Tun nachzugehen und tatsächlich finden Mengsk Truppen nach einem halsbrecherischen Infiltrations-Manöver im Inneren der Anlage Beweise, dass die Konföderation offenbar Experimente mit einer unbekannten außerirdischen Existenz durchführt. Im Zentrum dieser bizarren Szenerie steht eine rothaarige Frau – die unter Amnesie leidende Kerrigan – welche von den Wissenschaftlern auf einem Stuhl gefesselt zur Interaktion mit außerirdischen Organismen gezwungen wurde.

Nach ihrer Befreiung und dem chirurgischen Entfernen des Neural-Inhibitors, einem Chip für Telepathen zur Dämpfung der latenten Psi-Fähigkeiten und Unterdrückung des langfristigen Erinnerungsvermögens, kann Mengsk die genesende Kerrigan schließlich davon überzeugen ihre Fähigkeiten in den Dienst seiner Organisation zu stellen.

Ihre Feuerprobe hat Kerrigan, als wie aus dem Nichts der konföderierte Schlachtkreuzer Norad II unter dem Kommando von Colonel Duke auftaucht, die Hyperion dank einer waghalsigen Aktion in letzter Minute entkommen kann und Kerrigan es schafft einen an Bord gekommenen getarnten Ghost zu töten, der beinahe die gesamte Crew der Hyperion auslöscht. Es stellt sich später heraus, dass dieser Ghost Kerrigan zurückholen sollte und anhand seiner Identifikationsnummer in einem persönlichen Zusammenhang mit Arcturus Mengsk steht.

Mengsk sieht angesichts seiner neuen Ghostsoldatin den Zeitpunkt für gekommen, endlich ein Zeichen von sektorweiten Ausmaßen zu setzen. Der Angriff auf die Ghostakademie von Tarsonis unter der Leitung von Kerrigan soll eine symbolische Wirkung für den Feldzug der Söhne von Korhal erzielen, wird aber eigentlich zu einer Infiltration, für dessen Ausführung Arcturus insgeheim sehr persönliche Gründe hat.

Obwohl die Mission in einem Desaster endet, schafft es Kerrigan das Ziel – wieder einen Ghost mit einer bestimmten Identifikationsnummer – lebendig gefangenzunehmen und auf die Brücke der Hyperion zu bringen, wo letztendlich alle Fäden zusammenlaufen und die gesamte Wahrheit offen dargelegt wird.

Rezension

Aus dem Fokus des Quintetts der vielschichtigen Hauptprotagonisten, der junge ehrliche Somo Hung, der kauzige Forest Keel, der draufgängerische Tibbs, die loyale Pilotin Sela Brock und der humorlose Ex-Konföderierte Pollock Rimes, wird die Story von »Der Aufstand« in einem geradlinig aufgebauten Schreibstil erzählt, welcher zum Glück durchgehend zweckmäßig ist und die mitunter aufgeladene Handlungsdynamik eigentlich kaum unterminiert. Besonders die kontinuierlichen, teilweise recht abrupt auftretenden Szenenwechsel pushen das Actionbarometer innerhalb der zahlreichen dramatischen Ereignisse zusätzlich, beispielsweise wird die spektakuläre Infiltration in die Fujita-Forschungsanlage gleichzeitig aus drei verschiedenen Perspektiven wiedergegeben. Eine Technik, die viele Autoren benutzen und die sich zweifellos auch in »Der Aufstand« bewährt hat.

Die angesprochenen Akteure könnten dabei gegensätzlicher nicht sein und schieben auch im weiteren Handlungsverlauf einer drohenden Vorhersehbarkeit aller noch folgenden Entwicklungen gekonnt einen Riegel vor. Deutlich wird dies unter anderem an der Rolle von Pollock Rimes, der zu Beginn als erster Offizier von General Mengsk auftritt. Die eindringliche Beschreibung seines extremen Profils – kahler Kopf, von Narben übersät, fehlendes linkes Ohr und eine Delle in der linken Schädelseite von der Größe einer Männerfaust – geht Hand in Hand mit seinem knallharten Charakter, von dem man obligatorisch eine militärische Korrektheit erwartet. Doch erst in der zweiten Hälfte des Romans erfährt der Leser die wahren Intentionen des düsteren Mannes. Rimes war nämlich vor seinem Eintritt in die Riege der Söhne von Korhal der Captain des Schweren Kreuzers Hyperion.

Im völligen Gegensatz dazu steht der leicht tolpatschige, aber herzehrliche Somo Hung, der im Verlauf der Ereignisse eine besondere Beziehung zu Sarah entwickelt. Abgerundet wird dieses Rezept durch den goldigen, etwas in die Tage gekommenen Forest Keel. Dieser steuert während der Fujita-Operation einen Belagerungspanzer und sorgt auch sonst mit seinen lustigen Kommentaren immer wieder für den einen oder anderen Schmunzler. Im Mittelpunkt steht aber dennoch die sich entfaltende Beziehung zwischen Arcturus Mengsk und Sarah Kerrigan. Erfreulicherweise werden die typischen und aus dem Kampagnen bekannten Charakterkonturen der beiden originalgetreu und glaubhaft dargestellt, man hat sofort das Gefühl die beiden zu kennen. Zum Ende hin wird allerdings erst das ständig angedeutete, unausgesprochene Geheimnis zwischen den beiden aufgelöst und das ist ohne Zweifel einer der spannendsten Aspekte des Buchs und zugleich sinnvollsten Erweiterung des Kanons aller später noch folgenden StarCraft-Bücher.

»Der Aufstand« liest sich wie bereits erwähnt sehr flüssig, doch fragwürdig bleibt die teilweise etwas überbordende Fantasie des Autors: Im Roman werden die Schweren Kreuzer als 6 Meilen lange Ungetüme bezeichnet, das macht umgerechnet ca. 10 km aus. Real pragmatisch gesehen ist das für einen Behemoth-Kreuzer meiner Meinung nach wirklich extrem übertrieben – im Intro von Brood War zum Beispiel ist ganz klar ersichtlich, dass diese Schiffe auf keinen Fall so lang sind. Der nächste Punkt ist die Infiltration in die Forschungsanlage am Fujita-Gipfel: Diese Einrichtung liegt im Auge eines Wirbelsturms (!), der unfassbare sechzig Meilen hoch und 12 Meilen breit sein soll. 60 Meilen sind 95 Kilometer, 12 Meilen ergibt 19 Kilometer – es mag Science-Fiction sein, doch angesichts der Tatsache, dass der Autor seine Darsteller in diesen Sturm mit einem auf zusätzliche Schwerkraft getunten Belagerungspanzer reinfahren lässt, erscheinen diese Schilderungen irgendwie unglaubwürdig, fast schon grotesk…

Unverständlicherweise gibt es auch einige starke Abweichungen zu den Daten im Handbuch von StarCraft: Laut »Der Aufstand« haben die Gildenkriege zwischen der Konföderation und dem Kel-Moria-Kombinat 7 Jahre gedauert, das Handbuch sagt aber es waren nur 4 Jahre. Das massive nukleare Trommelfeuer auf Korhal wird im Buch von Schweren Kreuzern in der Umlaufbahn von Korhal ausgeführt, während laut Handbuch die Apokalypse-Sprengköpfe von Tarsonis aus abgefeuert worden sind. Arcturus Mengsk spricht danach von 35 Millionen Todesopfern auf seiner Heimatwelt, obwohl in der Vorgeschichte im Handbuch eigentlich nur 4 Millionen genannt werden.

Fazit

Die genannten Mängel sind auf der einen Seite zwar schade, aber dennoch: Für StarCraft-Fans aller Art ist »Der Aufstand« definitiv die Pflichtlektüre schlechthin. Man merkt dem Buch förmlich an, dass der Autor im Gegensatz zu einigen Schriftstellern der anderen StarCraft-Romane handfeste Ahnung von der Materie hat, über die er schreibt. Ohne theatralisch klingen zu wollen – aber scheinbar hat Micky Neilson aufgrund der Tatsache, dass er Daggoth seine Stimme geliehen hat, die StarCraft-Story wohl sprichwörtlich eingeatmet. »Der Aufstand« bietet nicht nur von allen StarCraft-Büchern die wohl hintergründigste Story überhaupt mit all den hochinteressanten Details der Vorgeschichte von Mengsk und Kerrigan, es stellt zweifellos auch das aus Sicht des Kanons wertvollste StarCraft-Buch dar.

Buch-Information

Titel:Der Aufstand
Autor:Micky Neilson
Übersetzer:Timothy Stahl
Umfang:166 Seiten
Erscheinungsdatum:Januar 2007
ISBN:9783833214646
Preis:9,95 €
Link: (Panini-Shop)StarCraft: Der Aufstand (Blizzard Legends)

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