Vorwort
Kaum ein anderes Buch erregte im Vorfeld soviel Aufmerksamkeit wie »Heaven’s Devils«. Offiziell wird das Buch als gedruckter Vorläufer von StarCraft II: Wings of Liberty beworben, das unter anderem die ereignisreiche Geschichte von Jim Raynor und Tychus Findlay erzählt, zwei der zentralsten Charakter im ersten Teil der StarCraft II Trilogie.
Das Buch selbst präsentiert sich in einer besonders schick aufgemachten Form: mit Hochglanz-Umschlag, verschiedenen Artworks im Innenteil und einer mehrere Seiten umfassenden Chronologie markanter Ereignisse im StarCraft-Universum, einer Timeline. Der Autor William C. Dietz ist genau wie alle anderen Schriftsteller bisheriger StarCraft-Romane ein alter Hase im Geschäft, der bereits Ableger zu Star Wars und Halo geschrieben hat.
Inhalt
Auf dem Randplaneten Shiloh ist der Farmersjunge Jim Raynor in der Obhut seiner beiden Eltern Trace und Karol Raynor in Zeiten wirtschaftlicher Katastrophen relativ behütet aufgewachsen. Ganz im Gegensatz zu dem riesenhaften Tychus Findlay, der als korrupter Unteroffizier in den Reihen der Konföderation mit illegalen Geschäften seine Taschen füllt. Während Raynor sich in seiner Heimat mit den typischen Problemen halbstarker Jugendlicher und der bangen Frage nach der Gestaltung seiner eigenen Zukunft auseinandersetzen muss, spitzt sich der brodelnde Konflikt zwischen der Konföderation und dem Kel-Moria-Kombinat, der später in die Geschichte des Koprulu-Sektors als Zeitalter der Gildenkriege eingehen wird, immer weiter zu.
Die Entscheidung, in diesen gefährlichen Zeiten den konföderierten Militärdienst einzutreten und seinen Eltern mittels der Einberufungs-Prämie unter die Arme zu greifen, trifft Raynor recht leichtfertig und mit lieber Mühe seine Eltern vollends von den Vorteilen eines solchen Schritts zu überzeugen. Doch schließlich geben sie klein bei und nach anfänglichen Turbulenzen gelingt es dem jungen Jim mit dem knallharten Militäralltag fertig zu werden. Indes wird Tychus Findlay aufgrund von Tätlichkeiten gegenüber einem Vorgesetzten in eine militärische Besserungsanstalt gesteckt und muss im Steinbruch arbeiten.
Ganz in Gegensatz zu dem wohlhabenden jungen Ark Bennet, der auf Tarsonis als ein Mitglied der Alten Familien alle Perspektiven auf eine abgesicherte Zukunft hat. Nachdem er in einem leichtsinnigen Moment illegalen Rekrutenhändlern ins Netz geht, findet sich Ark fortan unter dem neuen Namen Ryk Kydd im Marine-Corps wieder und entdeckt sein bahnbrechendes Talent als Scharfschütze. Zusammen mit Raynor und dessen alten Widersacher Harnack absolviert Ryk die Grundausbildung und wird anschließend nach Turaxis II verlegt, einem Brennpunkt der Gildenkriege. Hier treffen die drei in Fort Howe zum ersten Mal auf Tychus Findlay, der nach seiner Entlassung aus der Besserungsanstalt wieder als Private in den aktiven Dienst eingetreten ist.
Was zuerst mit einer Auseinandersetzung beginnt, gipfelt schon wenig später nach einem gemeinsam vereitelten Angriff kel-morianischer Truppen auf Fort Howe in verwegener Kameradschaft. Das frisch formierte Grüppchen hält fortan zusammen wie Pech und Schwefel, sogar bei der Durchführung zwielichtiger Geschäfte. Als der korrupte Lagerkommandant von Fort Howe Wind davon bekommt, setzt er die drogensüchtige Sanitäterin Lisa Cassidy als Spitzel auf die Truppe an.
Cassidy gewinnt schon bald das Vertrauen von Raynor und seinen Kameraden, obwohl ihre Sucht nach Crab ihren eigenen Untergang herbeizuführen droht. Bei der spektakulären Befreiung des Internierungslagers KIL-36, bei der Raynor im Vorfeld in Kriegsgefangenschaft gerät und übel gefoltert wird, werden die „Heaven’s Devils” schließlich geboren, als sie mit neuen Kampfanzügen aus Landefrachtern abspringen und so quasi aus der Luft heraus das Lager einnehmen.
Obwohl sie speziell auch durch die Presse schon fast als Kriegshelden gefeiert werden, ist die meterdicke Schicht aus Korruption im konföderierten Führungsstab von Turaxis II im Begriff die „Heaven’s Devils” ans Messer zu liefern, indem sie auf eine selbstmörderische Mission nach der anderen geschickt werden. Als sich zufällig herausstellt, dass sogar ihre Anzüge manipuliert wurden, fassen die „Heaven’s Devils” einen verwegenen Plan…
Rezension
Wie der Buchrücken schon vermuten lässt, ist »Heaven’s Devils« ein reinrassiger Terraner-Roman. Das rund 400 Seiten starke Werk wirft zum allerersten Mal einen sehr vertiefenden Blick auf die brutale Fratze der Gildenkriege, der rund 10 Jahre vor der Ankunft der Protoss und der Zerg mit unfassbarer Korruption 4 Jahre lang getobt hat. Dabei wird an vielen Stellen der Ursprung von zahlreichen terranischen Technologien suggeriert, die später in StarCraft und StarCraft II prominent sind, was für tolle Aha-Effekte sorgt. Beispiele hierfür sind erste Versionen der Feuerfresser-Waffen und der Reaper-Kampfanzüge, oder eben auch das düstere Thema Resozialisierung, das mit sehr hintergründiger Brisanz behandelt wird.
Die Entstehung und das Schicksal der „Heaven’s Devils“, einer Gruppe von sieben elitären Soldaten, die gegensätzlicher nicht sein könnten, ist in eine spannende Geschichte über das Überleben in einem unbarmherzigen Krieg geflochten, der nicht nur auf dem Schlachtfeld geführt wird. Die grundlegende Botschaft des Buches lautet dabei: „Du bist, wer du sein möchtest”, eine Phrase von Jims Vater, Trace Raynor. Doch »Heaven’s Devils« ist bestenfalls als Teil eines Puzzles zu verstehen, das seltsamerweise ein wenig unvollständig ist.
Denn insgesamt und akribisch betrachtet, ist das Buch nicht so ganz das, als was es im Vorfeld oftmals beworben wurde. Es ist weder die direkte Vorgeschichte von StarCraft II, noch knüpft es an Wings of Liberty an. Jeder, der zum Beispiel erwartet die gesamte Vergangenheit von wirklich beiden Wings of Liberty-Helden Raynor und Findlay zu erfahren, könnte enttäuscht sein.
Speziell der Werdegang von Tychus Findlay bleibt leider bis auf einige wenige Andeutungen eher ein Rätsel, obwohl sich zeigt, dass der zwielichtige Hüne neben seiner Vorliebe für dicke Zigarren und lukrative Möglichkeiten sich die eigenen Taschen zu füllen auch eine durchaus softe Seite besitzt. Generell bleiben manche Charaktere im gesamten Buch sehr eingleisig, manche stellen sogar nur farbloses Kanonenfutter dar und schaffen es demzufolge auch nicht zum Leser eine echte Beziehung aufzubauen.
Das größte Problem jedoch ist das völlig abgehackte Ende von »Heaven’s Devils«. Der abrupte Schluss wirkt fast als ob das Pensum der zur Verfügung stehenden Seiten erschöpft gewesen ist. Eventuell hätte hier eine Synopsis gut getan, die wenigstens halbwegs eine Brücke zu StarCraft II: Wings of Liberty schlägt. Stattdessen steht in der Timeline am Ende des Buches, das Tychus später verhaftet worden ist oder Raynor später Marshal auf Mar Sara wurde, aber gerade solche Dinge lässt das Buch, das laut Promotion eigentlich die Vorgeschichte erzählen sollte, bis auf einen einzeiligen Satz aus. Inzwischen wurde bekannt gegeben, dass Christie Golden diesen nächsten Teil der Vorgeschichte von Raynor und Findlay in dem neuen Roman »Teufelskerle« niederschreiben wird.
Fazit
Obwohl nicht unmittelbar in Wings of Liberty mündend, repräsentiert »Heaven’s Devils« das Teilstück eines größeren Ganzen und hat somit eine entscheidende Bedeutung für StarCraft II und das Universum dahinter. Zu erfahren, was Raynor und Findlay verbindet, ist für StarCraft-Fans aller Altersklassen eine gute Quelle, um die näheren Umstände zwischen den beiden aufgezeigt zu bekommen. Besonders hervorzuheben ist natürlich die elegante Aufmachung des Buches, die jedoch den Kaufpreis nicht ganz rechtfertigt. »StarCraft II: Heaven’s Devils« ist bei weitem nicht das, als was es gehandelt wurde, doch auf jeden Fall ein interessanter Background für alle Story-interessierten StarCraft-Fans.
Buch-Information
Titel: | StarCraft II: Heaven’s Devils |
Autor: | William C. Dietz |
Übersetzer: | Timothy Stahl |
Umfang: | 395 Seiten |
Erscheinungsdatum: | Mai 2010 |
ISBN: | 978-3-8332-2048-7 |
Preis: | 16,95 € |
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