Inhalt
Die mystische Seherin Tejal hat viele Geschichten zu erzählen, die sich einst in Sanktuario ereignet haben. Eine besonders grausame und düstere Begebenheit handelt von der Epoche, als die „Große Pestilenz der Westmark“ kurz davor war auszubrechen. Diese Seuche, übertragen von Ratten, wütete mit solcher Intensität, dass die Bevölkerung ihr zu Abertausenden zum Opfer fiel.

Irgendwo in den Landen der Westmark erhielt ein reicher Fürst in seiner Feste die Kunde von der sich immer weiter ausbreitenden Krankheit. Überbracht wurden diese beunruhigenden Neuigkeiten von drei seiner Vasallen: Kirek, Ardan und Holps. Die drei Soldaten standen dem Schützling des Fürsten, dem Druidenjungen Vylum, besonders feindselig gegenüber. Sie glaubten, dass die Druiden diese Seuche über die Bewohner des Landes gebracht haben.
Doch der Fürst war erzürnt über diese Vermutung, denn den Druiden hatte der Adlige seinen Stand zu verdanken. Sie halfen ihm bei der Machtergreifung, als Dank zog er den Jungen Vylum auf und beschützte ihn vor jedweden Gefahren. Vylum selbst war ein hässlicher Junge mit schiefen Zähnen, stets verdreckten und halb zerrissenen Kleidern. Er hatte eine Vorliebe für Ratten, die Nager saßen auf seinen Schultern wie Haustiere und schienen in Vylum ein Rudelmitglied zu sehen.
Die Soldaten jedoch sahen in Vylum nur einen Schuldigen, da seine, in ihren Augen, abstoßende Vorliebe für Ratten nur einen weiteren Krankheitsherd darstellte. Als die Seuche immer weiter um sich griff und schließlich auch den Fürsten tötete, eskalierte die Situation: Die drei Männer fanden den jungen Vylum, der scheinbar auch an der Seuche erkrankt war, und warfen auch ihn auf den Scheiterhaufen, wo sie den Großteil der Leichen verbrannten.
Davon überzeugt, dass Vylum von den Flammen verschlungen worden war, gingen die Jahre ins Land und die Seuche kam nach Jahren schließlich zu einem Ende. Den drei Soldaten brachte die Bevölkerung ihren ewigen Dank zum Ausdruck, indem sie diese zu Edelmännern machten, mit Besitztum, Familie und Ansehen. Ardan, Kirek und Holps wussten nicht, dass der Tag der Abrechnung gekommen war und ein Grauen über sie hereinbrechen wird, das schlimmer als jeder Alptraum ist…
Rezension
Die letzte Kurzgeschichte aus der Serie Legenden von Sankturario ist eine rabenschwarze, welche die neue (alte) Klasse des Druiden in den Blickpunkt rückt. Genau wie die Autorin selbst ist auch ihr Hauptdarsteller, der Druide Vylum, eine durch und durch exzentrische Person, die ihr Umfeld polarisiert.
Möglicherweise hat die Autorin Z. Brewer in ihrem Leben schon ähnliche Erfahrungen gemacht, denn das Thema ‚Außenseitertum‘, das zwar einzigartig, aber zum Ziel von Vorurteilen macht, wird auch hier zum tragenden Pfeiler. Vylum ist anders und dafür wird er verurteilt. Sein Handeln ist eine Reflektion dessen, wie er von anderen Menschen behandelt worden ist.

Dennoch bleibt es schwer auszumachen, wer in der Kurzgeschichte den Antagonist verkörpert. In schweren Krisenzeiten ist sich jeder selbst der Nächste, wohingegen gerade Notsituationen zumeist das wahre Wesen eines Menschen hervorbringen. Somit wird trotz der selbstlosen Hilfsbereitschaft der drei Soldaten gegenüber dem Volk zeitgleich mit der Verachtung für etwas, dass sie nicht verstehen, konterkarikiert.
Diesen fein gestrickten Aspekt hat die Autorin klug eingebaut, obwohl sich die Formulierungen zuweilen schlicht halten. Es mag eine Kurzgeschichte sein, aber dennoch darf schriftstellerische Schreibkunst in seiner Reinform angewendet werden. Ein wenig kurios ist die Tatsache, dass die Serie Legenden aus Sanktuario laut Impressum offenbar immer eine sogenannte „Lore-Beratung“ nötig hatte.
Allgemeines Wissen über die Materie, über die man selbst schreibt, sollte eigentlich vorhanden sein. Was die Sache allerdings merkwürdig macht: Außer der bloßen Nennung der „Großen Pestilenz der Westmark“ hält man sich zumindest bei dieser Kurzgeschichte vollkommen aus Lore-Komponenten heraus und die Geschichte hätte somit theoretisch auch im Universum von The Witcher vertrieben werden können.
Für was genau diese Beratung erfolgt sein soll, bleibt somit auch bei den anderen Kurzgeschichten mehr oder weniger schleierhaft. Dieser rätselhafte Fakt mag bei Betrachtung ein bisschen sonderbar klingen, aber glücklicherweise tut dieser Hintergrund auch diesem Gesamtwerk keinen wirklichen Abbruch.
Fazit
Denn als Gesamtpaket passt die Serie und auch diese letzte Kurzgeschichte hervorragend zu Diablo. Das düstere Ambiente wird in den Zeilen dieser Geschichte ausreichend suggeriert, jeder, der die Knochenkammern oder die Pesttunnel unterhalb von Westmark in Diablo 3 besucht hat, weiß um den Schrecken, den die „Große Pestilenz“ damals verursacht haben muss. Handwerklich akzeptabel kommt diese Kurzgeschichte mit den Tragflächen auf Diablo 3 sowie Diablo 4 daher und bestückt auf einem Stück vergilbten Pergament das krisengebeutelte Sanktuario mit einer weiteren finsteren Fabel.
Zähne der Seuche

- Autor: Z. Brewer
- Artwork: Maciej Janaszek
- Erscheinungsjahr: 2023