Inhalt
Die mystische Seherin Tejal hat viele Geschichten zu erzählen, die sich einst in Sanktuario ereignet haben. So auch die tragische Fabel, die sich in der kleinen Ortschaft Heiligenruf zugetragen hatte. Die dortige kleine Kirche des Zakarum-Glaubens barg einen Schatz in ihrem Turm, eine Glocke, auf die es der Barbar Klath’Ulna abgesehen hatte. Seine Gründe dafür waren allerdings sehr überraschend.

Unter den wachsamen Augen des vom Alter gezeichneten Kriegsveteran Bikleman, einst selbst ein Paladin des Zakarum-Glaubens, trainierte der 17-jährige Hitzkopf Jenks an der mehrarmigen Holzpuppe den Schwertkampf. Bikleman wusste, dass der Junge noch viel zu lernen hatte und noch lange nicht für einen echten Kampf bereit war.
Doch Jenks, der mehr von den großartigen Taten der Paladine in seiner Fantasie träumte, anstatt ihren Lehren in geschriebener Form zu folgen, hielt sich bereits für einen beachtlichen Kämpfer. Bikleman erteilte ihm eine Lektion, indem er dafür sorgte, dass die Holzpuppe dem Jungen einen schmerzhaften Schlag in die Kronjuwelen verpasste.
Bikleman ließ den Heißsporn zum Nachdenken zurück, während dieser sich noch in Schmerzen wand, die ihn sogar dazu brachten sich zu übergeben. Nachdem die Luft zurückgekehrt war, dachte der geknickte Jenks darüber nach, dass die Zakarum-Kreuzzüge schon längst vorbei waren und es so gesehen kaum noch Feinde zu bekämpfen galt.
Jenks träumte davon eines Tages ebenfalls ein Teil von den glorreichen Taten zu sein, über die er soviel in Erzählungen gehört hatte. Er ahnte nicht, dass die Zakarum-Kreuzzüge keinesfalls heroischer Heldentum waren, sondern eher brutale Inquisition in seiner Reinform, welches mehr Leid verursachte als Erlösung brachte.
Herausgerissen aus seinen Tagträumen durch markerschütternde Schreie vom Dorfplatz, sprang Jenks auf und lief zum Zentrum der Siedlung. Er traute seinen Augen nicht: Dort stand ein furchterregend aussehender Krieger, gekleidet in wuchtiger Rüstung und mit tödlichen Waffen ausgerüstet.

Er gab sich den Dorfbewohnern als Klath’Ulna, der Goldene, zu erkennen. Klath’Ulna verkündete, dass er gekommen war, um die Zakarum-Glocke im Kirchturm zu holen. Entweder händigte man sie ihm freiwillig aus oder er würde sie sich mit Gewalt holen. Die verängstigten Dorfbewohner kauerten sich in ihren Häusern zusammen, nur Jenks fasste sich ein Herz und griff zu Schwert und Schild.
Rezension
In der zweiten Ausgabe der Reihe Legenden aus Sanktuario erzählt die Seherin Tejal eine mitreißende Geschichte aus den Tagen nach den Kreuzzügen der Zakarum-Paladine. Niedergeschrieben von dem mehrfach ausgezeichneten Autor Jonathan Maberry wird auf 24 Seiten der dunkle Fingerabdruck von Kriegstreiberei unter dem Vorwand von Bekehrung wiedergegeben.
Der Autor Maberry schafft es auf exzellente Weise den Leser in sein Werk versinken zu lassen. Die Dramatik und Spannung im Wechselspiel zwischen Klath’Ulna und dem bedauernswerten Jenks erzeugt eine fesselnde Atmosphäre. Jeder hat seine individuellen Beweggründe, beide sind jedoch Opfer des sinnlosen Kreuzzugs einer Religion, von welcher die dazugehörige Glaubensgemeinschaft wieder einmal dachte, sie müsse sie der restlichen Welt aufzwingen. Ein Thema, das durchaus in der realen Welt zu finden war und zu finden ist.


Der Leser leidet mit, sieht er doch den unvermeidlichen Ausgang der Konfrontation kommen, die den Hauptteil der Kurzgeschichte ausmacht. Vorwerfen könnte man dem Werk, dass es sich nicht die kleinste Mühe macht dem Leser zu erklären, welche Hintergründe hinter dem Kreuzzug der Zakarum stehen und welche Folgen dieser hatte. Das wäre nämlich eine durchaus einleuchtende Erklärung gewesen, warum Klath’Ulna tut, was er tut.
Somit verbleiben nur die oberflächlichen Hinweise im Anfangsteil der Geschichte, die darauf bauen, dass der Leser bereits weiß, wovon im Hinblick auf die Vorgeschichte gerade berichtet wird. Der Zakarum-Kreuzzug hatte nämlich damals Klath’Ulnas Heimat verwüstet und viele aus seinem Volk getötet. Die Barbaren wurden zwar nicht besiegt in dieser Auseinandersetzung, jedoch sandten sie Krieger aus, die dem Ursprungsland der Zakarum ähnliche Gräueltaten zufügten.
Fazit
Auch wenn dieser immens wichtige Hintergrund fehlt, der Kern der Botschaft dieser Kurzgeschichte ist gleich: Es gab und gibt keine wirklichen Gewinner und Verlierer beim Thema Krieg. Selbst danach verbleiben nur Wunden und Leid und Trauer, nichts davon heilt jemals wirklich. Ein echter Schocker ist die genaue Schilderung des Autors des brutalen Endes beim Kampf zwischen den beiden Protagonisten. Allerdings passt diese düstere Zutat perfekt zum Universum von Diablo.
Das Geläut von Dunkelheit und Licht

- Autor: Jonathan Maberry
- Artwork: Yeunjae Jang
- Erscheinungsjahr: 2023